An der Stadtparlamentssitzung vom 25. Mai 2021 konnten wir mit einem Abänderungsantrag einen biodiversitätskonformen Umgang mit Wespennestern erreichen. Diese werden in der Stadt St.Gallen nun nicht mehr wie bisher bei Einsätzen durch die Feuerwehr i.d.R. vernichtet, sondern wenn immer möglich belassen oder umgesiedelt. Denn auch die heute noch stark unterschätzten Wespen gehören zur Biodiversität im Siedlungsraum.

Wespen zählen zu den Insekten, die wir lieben zu hassen. Ihr Image ist nicht das beste. Wespen sind von Natur aus aber weder aggressiv noch stechwütig. Sie stechen nur, wenn sie sich akut bedroht fühlen. Wespen sind im Allgemeinen auch nicht gefährlicher als Bienen.

Wespen werden noch heute stark unterschätzt. Sie sind jedoch wichtige Nützlinge und gehören zu unserer Biodiversität.

Honigbienen hingegen geniessen einen guten Rut und werden für die Bestäubung unserer Wild- und Kulturpflanzen sowie ihre Honigproduktion in den Himmel gelobt. Die ökologische Bedeutung der Wespen wird allerdings heute immer noch völlig unterschätzt oder gar unterschlagen. Alle bei uns heimische Wespenarten sind in erster Linie wichtige Nützlinge. Sie benötigen für ihre Nachzucht tierische Nahrung und jagen zu diesem Zweck unter anderem Blattläuse, Raupen, Fliegen und Mücken. Und da kommt einiges zusammen: Ein grosses Wespenvolk kann pro Tag zwischen 500 und 2000 Gramm Insekten verspeisen. Wespen sind also effiziente biologische Schädlingsbekämpfer und die Gesundheitspolizei der Natur. Demgegenüber sind Wespen selbst auch eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Vögel, was in Anbetracht des dramatischen Insektensterbens nicht vergessen werden darf. Neben den nicht mit den Honigbienen zu verwechselnden Wildbienen übernehmen auch zahlreiche weitere Insektengruppen eine wichtige Bestäuberleistung und dazu gehören neben Tag- und Nachtfaltern, Käfern, Fliegen usw. eben auch die Wespen, die sogar effizienter arbeiten als Honigbienen.

Beim bisherigen Umgang mit Wespennestern durch die Feuerwehr der Stadt St.Gallen stand deren Vernichtung im Mittelpunkt. In den letzten fünf Jahren wurden jährlich durchschnittlich 112.5 Einsätze ausgeführt. Bei diesen Einsätzen vor Ort wurden rund 80 Prozent der Nester vernichtet, 19 Prozent belassen und gerade einmal 1 Prozent umgesiedelt. Das Verhältnis 1 zu 80 zwischen Umsiedeln und Vernichten haben wir aufgrund der ökologischen Bedeutung von Wespen stark kritisiert. Im Klartext zeigen diese Zahlen, dass das Umsiedeln von Wespennestern in der Stadt St.Gallen bisher für die Feuerwehr keine nennenswerte Option darstellte. Andernorts werden deutlich mehr Wespennester umgesiedelt als vernichtet. Nach Einschätzung eines professionellen Umsiedlers, der unter anderem im Auftrag der Stadt Zürich Wespennester umsiedelt, ist eine Vernichtung von Wespennestern nur in 10 bis 20 Prozent der Einsätze angezeigt. 

Gerade für die Behörden sollten die Belange des Naturschutzes in Zeiten des Insektensterbens oberste Priorität haben. Wespen gehören zur Biodiversität im Siedlungsraum. Auf Initiative von Veronika Meyer und mir hat unsere Fraktion daher einen Abänderungsantrag auf eine Vorlage der Stadt St.Gallen zu den Wespen eingereicht, damit künftig deren Nester wenn immer möglich mittels Aufklärung und Beratung belassen werden. Sofern ein Zusammenleben aufgrund einer Gefährdungssituation für Allergiker und Allergikerinnen nicht möglich sein sollte, müssten die Nester umgesiedelt und als letzte Möglichkeit, falls eine Umsiedlung wegen Unzugänglichkeit nicht möglich ist, vernichtet werden. Unser Antrag wurde erfreulicherweise von einer Mehrheit des Parlamentes angenommen.

Votum zu den Wespen vom 25.05.2021